Big in Japan – Rußtusche und Rakubrand

Unter diesem Motto konnte mit der finanziellen Förderung des Freundes- und Förderkreises ein spannendes neues Projekt umgesetzt werden.

Dieses Projekt wurde auch im BDK-Info veröffentlicht, der Zeitschrift des BDK Bayern Fachverband für Kunstpädagogik. Die Veröffentlichung finden Sie an dieser Stelle.

Ergebnisse aus dem BDK Wettbewerb: Kunstvermittlung in globaler Perspektive, Schuljahr 2021/22

Uns schwebte schon seit einiger Zeit vor, den japanischen Rakubrand an der Schule im Rahmen des Wahlkurses zu etablieren. Als wir auf den BDK-Wettbewerb Kunststück.Kunst vermitteln. aufmerksam gemacht wurden, überlegten wir innerhalb der Fachschaft, welchen Rahmen wir dem Ganzen geben könnten. Nachdem uns kurz zuvor noch eine Anfrage vom Tourismusverband Aschau zur Gestaltung eines Laternenpfades erreichte, wurde die Idee geboren, alles unter das Motto Big in Japan zu stellen, da uns dieses als ideale Verbindung der Techniken und Themen erschien. Die japanische Kultur bietet darüber hinaus den Vorteil, dass Techniken wie die Tuschzeichnung im gymnasialen Lehrplan Bayerns verankert ist. Der Begriff Kunst ist im Bezug auf die japanische Kultur allerdings nicht universal übersetz- oder absteckbar, da eine Unterscheidung von kulturellen Gestaltungsformen nicht immer möglich ist.

Gerade nach den durch die Pandemie geprägten letzten Jahren war das Erforschen japanischer Kulturgüter und Techniken für die Heranwachsenden besonders spannend. Auch die Arbeit an einem gemeinsamen Produkt, wie einem Kalender oder einem kooperativ durchgeführten Brennvorgang auf dem Schulgelände, wurden sehr euphorisch aufgenommen und umgesetzt.

A,S und R. – Drei interdisziplinäre Projekte

Geplant waren drei interdisziplinäre Unterrichtseinheiten u.a. In Kooperation zu den Fächern Geologie und Geschichte, aber auch zu externen Partner:innen, wie dem Tourismusverband Aschau im übergeordneten Kontext kultureller Vielfalt. Gegliedert waren die Einheiten in ein japanisches Alphabet der Buchstaben A, S und R.

Big in Japan wurde in verschiedenen Jahrgangsstufen bearbeitet. Das Thema Tusche-Zeichnung wurde in zwei 6. Klassen individuell zu zwei selbstgestalteten Kalendern erweitert. Hierfür wurden auch externe Berater hinzugezogen, um die richtigen Schriftzeichen (Kanji) zu erlernen und zu schreiben. Das anvisierte Projekt des Sternen-Laterndl-Weges in Aschau findet im Herbst 2022 statt.

A wie Andon (jap. 行灯) Traditionelle japanische Laterne
Aufgrund der zeitlichen Verschiebung wurden nur ein paar erste Stimmungs-Entwürfe für den Sternen-Laterndl-Weg gesammelt. Diese entstanden in einer kleinen Gruppe der Q11, welche im Herbst als Tutor:innen für eine Klasse aus der Unterstufe fungieren wird.

S wie Sumi-e (jap. 墨絵) Schwarze Rußtusche
In einer 9. Klasse gelang die Annäherung an die japanische Drucktechnik: Zuerst wurden Abzüge geschnittener Holzplatten mithilfe von Linoldruckfarbe, Farbwalzen und einer Tiegeldruckpresse erstellt. Anschließend wurden die Druckfarben aus Pigmenten und Reisstärke selbst hergestellt. Die Farben konnten nun mittels breiter Farbpinsel auf die Druckstöcke aufgetragen werden. Danach wurde mit Handreibern auf dünnes Japanpapier im Handabzugverfahren gedruckt. Hierbei sollte experimenteller vorgegangen werden: Farbverläufe, mehrere Farben oder auch unterschiedliche Druckplatten übereinander. So konnte die zarte Farbigkeit, aber auch eine gewisse Brüchigkeit und Leichtigkeit erreicht werden. Der perfektionierte japanische Farbholzschnitt war nicht das Ziel, sondern die Luftigkeit und Offenheit der Drucktechnik sollte für Schüler:innen neue Zugänge eröffnen und die bisherigen Möglichkeiten erweitern.

Zwei 6. Klassen erstellen in den letzten Wochen Kalenderblätter für einen Jahreskalender. Hierfür wurde die Technik der japanischen Tuschezeichnung mit Aquarellmalerei und Buntstiftzeichnungen vermischt. Die Klassen hatten den Auftrag zuerst über die japanische Kultur zu recherchieren und im Geschichtsunterricht zeitliche Hintergründe zu erfahren. In den darauffolgenden Stunden zeichneten und malten die Schüler:innen dann in Teamarbeit ihre Kalenderblätter und schmückten diese mit japanischen Schriftzeichen des entsprechenden Monats. Hierbei fanden die Schüler:innen heraus, dass im Japanischen keine Bezeichnung für die einzelnen Monate besteht, sondern diese durchnummeriert werden. Der Januar ist z. B. der erste Monat und wird mit dem kurzen Zeichnen (Kanji) der chinesischen/japanischen Zahl und dem Zeichen für Monat gekennzeichnet.

Einige Schüler:innen arbeiteten zusätzlich digital mit der Zeichen-App Procreate. Um so nah wie möglich an die Optik einer richtigen Zeichnung zu gelangen, programmierten sie hierfür eine Leinwand mit der Struktur von Aquarellpapier.

R wie Raku (jap. 楽焼, rakuyaki) Japanische Keramikversiegelung
Am 8. April starteten wir die Vorbereitungen für unseren Rakubrand. Im Wahlkurs Kunstwerkstatt töpferten Schüler:innen kleine bis mittelgroße Gefäßkeramiken mit einem speziellen Rakuton. Diese hellbrennende Masse besitzt einen höheren Schamottanteil von 50% mit einer groben Körnung von 1,5 mm. Die Kinder und Jugendlichen fertigten Daumenschalen an, modellierten mit der Wulsttechnik Aufbaukeramiken und formten Gipsformen ab. Die fertigten Keramiken wurden dann bei 950 grad geschrüht und am 03.07.2022 im Rakuofen veredelt.

Dafür wurde zuvor ein Rakuofen aus einem Selbstbausatz und einer 120- Liter-Metalltonne gebaut. Im Vorfeld hatten die Teilnehmer:innen für den Bau bereits kleinere Aufträge erledigt:

  • Knöpfe aus Rakuton töpfern um die feuerfeste Isolationsmatte in der Tonne zu befestigten.
  • Draht zur Befestigung zuschneiden.
  • Die Matte an die Tonne anpassen und ebenfalls zuschneiden.

Wichtig für den Bau war eine gute Schutzausrüstung mit Handschuhen, langärmeliger Bekleidung und einer Schutzmaske. Die Flexarbeiten an den Tonnen wurden von Lehrkräften übernommen.

Dem Kurs standen zwei Glasuren zur Verfügung: Neumann Türkis – eine in allen Farben brennende und schwer zu beeinflussende Glasur – und eine großreißende, transparente Craquelé-Glasur. Nach dem Glasurauftrag wurden die Keramiken vor dem Ofen aufgestellt und der Reihe nach gebrannt. Dabei wurden die Werstücke auf 1000 Grad mit einem Gasbrenner aufgeheizt und anschließend in eine Tonne mit Sägespänen gelegt, wo sie durch den entstehenden Reduktionsbrand ihre typische schwarze Färbung erhielten. Anschließend kamen die Keramiken in ein Wasserbad und wurden von den Kindern und Jugendlichen gereinigt.

Fazit und Ausblick

Gerade der Rakubrand war ein ganz besonderes Ereignis für unsere Schüler:innen. So konnten sie den Brennvorgang beobachten, der sonst nur hinter den verschlossenen Türen des Brennofens stattfindet. Für viele war das Herausholen der noch glühenden Keramik und die Veränderung der Glasurfarben und -zustände sehr eindrücklich. Die Dokumentation der kompletten Aktion wurde von den Schüler:innen selbst übernommen und gerade das Fotografieren und Inszenieren der eigenen Werkstücke lag ihnen besonders am Herz.

Das übergeordnete Motto Big in Japan erschloss sowohl den Schüler:innen als auch uns Lehrkräften die Möglichkeit durch spannende Recherchen viel Neues über eine Kultur zu erfahren. Die Schüler:innen bilden über die Auseinandersetzung mit kultureller Vielfalt und deren künstlerisch-anthropogenen Erzeugnissen interkulturelle Kompetenzen aus, werden sensibilisiert, das eigene Denken und Handeln zu reflektieren, kooperativ „Neues“ zu entdecken sowie neugierig zu erforschen.Manchmal stolperten wir dabei über Diskrepanz, zwischen traditioneller Nachahmung und Loslösung von herkömmlichen Techniken.

Marie-Therese Hohe
Michael Herden
Eva-Maria Mayer

Kategorien: Aktivitäten